Weltreise: Der Tag an dem ich gekündigt habe – Jasmin berichtet

Nach über vier Wochen Urlaub und drei Wochen davon an einem der schönsten Orte dieser Erde, waren Simon und ich Ende Oktober 2018 aus unserem Traumurlaub zurückgekommen.

Durch die unvergesslichen Tage auf den Malediven mit atemberaubenden Schnorchelgängen und wunderschönen Stränden konnte man nur tiefenentspannt zurückkommen – und das taten wir auch.

Braun gebrannt und energiegeladen (trotz einer Motorbootfahrt, drei Flügen und drei Zugfahrten auf unserem Rückweg) kamen wir nach über 20 Stunden wieder heil Zuhause im kühlen und grauen Deutschland an.

Dennoch wussten wir, dass uns bereits nach Ankunft in Frankfurt die Realität zurückhaben wird und nichts mehr so sein würde wie zuvor.

Denn nun wurde es ernst!

Wir hatten uns dazu entschieden, unsere tollen, gut bezahlten Jobs zu kündigen, um für mindestens ein Jahr auf Weltreise zu gehen.

Mit der Tiefenentspannheit blieb also auch ein mulmiges und ungewisses Gefühl, was die Zukunft mit sich bringen mag.

Montag bis Donnerstag, 15. bis 18. Oktober 2018:

Als ich über meine Kündigung nachdachte, gingen mir tausend Fragen durch den Kopf, auf die ich leider (noch) keine Antwort fand.

Wie werden die Reaktionen der Kollegen sein?

Werde ich nach der Reise wieder einen guten Job finden?

Werde ich den gewöhnlichen Alltag nicht schon bald vermissen?

Werde ich jemals wieder eine Arbeitsstelle finden, die ich in nur zwölf Minuten zu Fuß erreichen kann?

Werden wir diesen Schritt bereuen?

Doch spätestens nach der Frage, ob man eine Weltreise bereut und Simons festen Glauben in unser Vorhaben, wusste ich wieder, dass alle Zweifel umsonst sind.

Schon seit einiger Zeit war es unser Traum, uns eine Auszeit zu nehmen und die Welt zu bereisen.

Wir wollten eine neue Herausforderung und die Welt mitsamt ihren einmaligen Orten und Kulturen entdecken – ohne dies auf die 30 Urlaubstage pro Jahr beschränken zu müssen.

Mit Mitte 20 standen wir irgendwann vor der Entscheidung, unseren Traum entweder wahr werden zu lassen oder in zu begraben – und wir haben uns klar für Ersteres entschieden!

Von unserem Vorhaben wusste absolut niemand.

Schlussendlich fiel die Entscheidung dann im Urlaub, wobei der Urlaub selbst weniger der Grund für unsere Entscheidung war.

Vielmehr hatten wir vier Wochen Zeit um nachzudenken, was wir wirklich wollen.

Und das ist nun mal nicht bis zur Rente zu arbeiten, um dann erst endlich um die Welt reisen zu können.

Im bisherigen Alltag gefangen, hatten wir uns entschieden.

Und es gab für uns kein Zurück mehr.

Einen Tag nach der Rückkehr aus unserem Urlaub, informierten wir meine Eltern.

Es fiel mir unglaublich schwer, die Worte über unsere Entscheidung vor meinen Eltern aus meinem Mund herauszubekommen.

Es war das erste Mal, als ich außer Simon mit jemandem über unser Vorhaben sprach.

Der Schock bei meinen Eltern saß im ersten Moment tief, auch wenn ihre Freude für uns überwog.

Schließlich kann ein Jahr, in dem man sich nur über Skype oder Facetime sieht, nach über 25 Jahren sehr lange sein.

Danach ging es Schlag auf Schlag.

Simons Familie und alle engsten Freunde wurden eingeweiht.

Und dann war der Tag gekommen.

Freitag, 19. Oktober 2018:

Ich konnte die Nacht unerwartet gut schlafen, wachte erholt und energiegeladen auf und dennoch wurde mir flau im Magen.

Es war der Moment, an dem man den anstehenden Tag in seinem Kopf abspielen lässt und sich langsam fragt, ob es ein freudiger Tag werden würde oder man doch lieber im Bett liegen bleiben sollte.

Ich stand notgedrungen auf, ohne wirklich zu realisieren, was ich heute machen würde.

Heute wirst du deine Kündigung deinem Chef mitteilen und deinen Job in einer guten Position einfach aufgeben.„, sagte meine innere Stimme.

Es kam mir vor wie in einem Film.

Seit der Ankunft in Frankfurt kam mir überhaupt alles vor wie in einem Film.

Es war einfach noch so ungewohnt und nicht greifbar für mich.

Und an diesem Freitag hatte wohl jemand auf die Schnellspultaste gedrückt – denn er verlief so schnell.

Mit einem nervösen und seltsamen Gefühl ging es zur Arbeit.

Für den Nachmittag hatte ich einen Termin mit meinem Vorgesetzten vereinbart.

Allerdings kam dieser – anders als abgemacht – zu mir ins Büro und ich nicht zu ihm.

Ihr müsst dazu wissen, dass mein Zimmer / Büro super hellhörig ist (war 🙂 ) und ich mir in diesem Moment sicher war, dass nun schon der ein oder andere Kollege mein Vorhaben mitbekommen würde.

Es war unser erstes Gespräch, denn es handelte sich um einen neuen Vorstand, der seinen ersten Arbeitstag während meines Urlaubs hatte – und ironischerweise war es auch gleichzeitig schon eines unserer letzten Gespräche.

Ich schloss die Schiebetür und Fenster und erläuterte ihm mein Vorhaben.

Er war verblüfft und sagte, dass er mich gerne halten würde, mir jedoch nicht im Weg stünde.

Es war eine Reaktion, die sich die meisten bei einem solchen Schritt wünschen.

Und ich war froh, dass er meinen Wunsch verstand und einsah, dass man so ein Vorhaben nicht aufschieben, sondern losziehen sollte, bevor es zu spät ist.

Ganz eben nach dem Motto: Jetzt oder nie! 😉

Auch wenn er die Sätze „Sie dürfen kündigen.“ und „Es ist in Ordnung, wenn Sie kündigen.“ gleich mehrfach mit einer wesentlich lauteren Stimme als meiner wiederholte, hatte ich danach keinem Kollegen etwas angemerkt und war beruhigt, dass wohl niemand etwas mitbekommen hatte.

Das Gespräch dauerte keine halbe Stunde.

Vielleicht lag es an dem Schock, vielleicht auch einfach nur an der Tatsache, dass wir uns zuvor keine fünf Minuten kannten.

Ich fühlte mich gut und erleichtert.

Der erste Schritt war getan.

Montag bis Mittwoch, 22. bis 24. Oktober 2018:

Auch die nächsten Tage kamen mir wie ein Film vor, den ich von außen mitansah.

Am Montag darauf reichte ich die Kündigung ein und hoffte auf eine schnelle Bestätigung der Kündigung seitens meines Arbeitgebers.

Diese erhielt ich zum Glück bereits am nächsten Tag, sodass ich am Tag darauf meinen engsten Kollegen von meinen Plänen berichten konnte.

Dieser Tag eignete sich deswegen so gut für meine Ankündigung, da wir sowieso im Rahmen einer Sitzung alle zusammensaßen.

Nachdem nach rund zweieinhalb Stunden Sitzung bereits alle platt waren und den Feierabend herbeisehnten, war zum Abschluss mein Moment gekommen:

Ich berichtete von unserem Plan und meinen Beweggründen – und in der Konsequenz von meiner Kündigung.

Zuerst waren gefühlt alle geschockt und danach kamen die ersten Fragen auf.

Warum?

Wie ist das bezahlbar?

Habt ihr im Lotto gewonnen? (Schön wäre es 🙂 )

Und was ist danach?

Was ist mit eurer Wohnung?

Habt ihr beide gekündigt?

(Diese und weitere Fragen beantworten wir übrigens in unserem ausführlichen FAQ-Artikel zu unserer Weltreise!)

Ich beantwortete die Fragen in Ruhe und sprach im Anschluss noch mit einigen Kollegen.

Einige freuten sich für uns, andere konnten die Entscheidung nicht nachvollziehen – was völlig okay ist, schließlich ist jeder Mensch verschieden.

Völlig erschöpft aber unglaublich Stolz und mit voller Vorfreude auf unser anstehendes Abenteuer ging ich an diesem nach Hause und erzählte Simon von meinen Erlebnissen.

Er nahm mich in seine Arme und sagte mir, wie Stolz er auf mich sei und sprach mir Mut zu.

Anschließend liesen wir den Tag mit einem Glässchen Wein und Netflix ausklingen – schöner hätte dieser Tag für mich nicht Enden können 🙂

Die Tage danach, Oktober / November 2018:

Die meisten Kolleginnen und Kollegen schienen nach einer Woche mein Vorhaben mehr oder weniger hingenommen zu haben.

Jeder nahm es anders auf und die wenigstens würden diesen Schritt machen wollen – was man einem ja auch nur wünschen kann, wenn man weiterhin Jahre an seinem Arbeitsplatz bleibt.

Erst etwa zwei Wochen später bin ich wieder aus dem Film erwacht und habe realisiert, was ich aufgebe:

Einen gutbezahlten, sicheren Job und eine gute Arbeitsstelle, die so gut wie direkt vor der Haustür liegt.

In den zwei Tagen in denen ich das realisierte, habe ich Angst bekommen…

…Angst vor dem, was kommen könnte.

Dennoch hatte ich bei keiner Frage von meinen Kollegen danach, was wir denn nach der Reise vor hätten und bei keiner meiner unwissenden Antworten darauf ein ungutes Gefühl.

Ich ließ die letzten Wochen und Monate Revue passieren.

Der Grund, warum ich (wir) das wollte und möchte, war wieder ganz klar:

Ich möchte noch etwas anderes von der Welt sehen, mich weiterentwickeln und vorankommen.

Das sah ich bei meinem Arbeitgeber nicht mehr und war im Alltag gefangen.

Es wäre bequemer und einfacher gewesen zu bleiben, jedoch nicht besser.

Ich hätte voraussichtlich bis zur Rente dort einen sicheren Job mit lieben Kollegen gehabt, hätte ein gutes Leben führen und mir auch das ein oder andere gönnen können.

Ich bin mir für mich jedoch sicher, dass da draußen in der weiten Welt noch mehr zu entdecken ist und ich nicht ein Leben lang in einer 6000 Einwohner-Stadt bis an mein Lebensende sein möchte.

Jeder muss für sich selbst entscheiden, was er unter einem erfüllten Leben versteht.

Einige hätten mir diesen Schritt nicht zugetraut.

Kündigen, seine 10.000 Sachen zuhause lassen bzw. sich auf nur wenige Stücke zu beschränken und mit dem Rucksack einmal um die Welt ziehen.

Viele finden unser Vorhaben mutig.

Ich würde nicht sagen, dass ich mutig bin.

Es ist jedoch die spannendste und abenteuerlichste Aktion, die ich je gemacht habe.

Man kann nicht erwarten, dass sich etwas ändert, wenn man sich selbst nicht verändert. Wer lange glücklich sein will, muss sich oft genug verändern. – Konfuzius

Jasmin

PS: Wenn ihr übrigens wissen wollt, wie es Simon bei seiner Kündigung erging, dann geht es hier zu seinem Bericht. Was ich an meinem letzten Arbeitstag alles erlebte, könnt ihr hier nachlesen.

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